Schläge, Erniedrigungen, Diebstahl, sexuelle Übergriffe, Drohungen, Verfolgung durch Hunde, rassistische Beleidigungen: Das ist die Realität von flüchtenden Menschen in Kroatien. Davon berichten uns Personen, die es bis in die Schweiz geschafft haben und hier Asyl beantragen. Diese Gewaltformen sind weder neu noch unbekannt. Menschenrechtsorganisationen haben sie seit Jahren angeprangert. Nicht davon zu wissen, ist unmöglich: Zuletzt haben die Medien 2021 grossflächig darüber berichtet .Fakt ist: In Kroatien schieben die Behörden Asylsuchende illegal und gewaltsam ab. Das sind sogenannte Pushbacks.
Dennoch lässt das Staatssekretariat für Migration (SEM) weiterhin Migrant:innen aus der Schweiz nach Kroatien zurückführen. Die Kollektive «Droit de rester» stehen nach eigenen Angaben mit mehreren Hundert davon betroffenen Personen in Kontakt.
Angesichts der eklatanten Diskrepanz zwischen den Aussagen der Exilierten und den Argumenten des SEM ist Solidarité sans frontières nach Kroatien gereist, um sich selbst ein Bild zu machen von den Bedingungen vor Ort.
Der vorliegende Bericht ist unter anderem das Ergebnis von intensiven Gesprächen mit den kroatischen Nichtregierungsorganisationen Centre for Peace Studies (CMS) und Are You Syrious (AYS). Die beiden Organisationen werden auch von der Schweizer Botschaft in Kroatien konsultiert, um die Zumutbarkeit von Rückführungen zu beurteilen. Die vorliegende Untersuchung stützt sich zudem auf die Analyse von Berichten nationaler und internationaler Nichtregierungsorganisationen, auf Gerichtsurteile und auf die Feldarbeit von Bleiberechtskollektiven in der Schweiz.
In Anbetracht dessen kommt Sosf zu folgenden Schlussfolgerungen:
1) Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Personen, die nach Kroatien rückgeschafft werden, Opfer von rechtswidrigen Abschiebungen (bspw. nach Bosnien und Serbien) werden,
2) es gibt keine wirksamen Rechtsmittel gegen staatliche Gewalt für Migrant:innen in Kroatien und
3) das Gesundheitssystem und seine Einschränkungen für Exilierte reduzieren deren Chancen auf eine medizinische und psychosoziale Versorgung, die auf die Verletzlichkeit der Exilierten zugeschnitten ist, auf nahezu null.
Dublin-Rückführungen nach Kroatien sind inakzeptabel und müssen sofort eingestellt werden.
Weiterführende Links
Stellungnahme von Mattea Meyer und Balthasar Glaettli, 16. März 2023.