Die Operation von Georgia Meloni wurde am 16. Oktober 2024 eingeleitet. Fünf Monate später als geplant wurden 16 männliche Asylsuchende aus Ägypten und Bangladesch von einem 80 Meter langen italienischen Kriegsschiff mit einer 60-köpfigen Besatzung nach Shengjin in Albanien gebracht. Von dort aus wurden sie in ein Aufnahmezentrum begleitet. Dort erwartete sie ein beschleunigtes Verfahren, das innerhalb von 28 Tagen abgeschlossen werden sollte. Wenn sie Asyl erhielten, würden sie nach Italien zurückgebracht werden. Andernfalls würden sie in ein Abschiebezentrum in einem nahegelegenen Dorf gebracht, wo sie bis zu 18 Monate festgehalten werden könnten. In dem Aufnahmezentrum können 880 Personen untergebracht werden, im Abschiebezentrum gibt es 144 Plätze und im Gefängnis 20. Die Gesamtkosten für die italienischen Steuerzahler:innen belaufen sich auf 670 Millionen Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren. Der Preis für die dreitägige Überfahrt für die ersten 16 Männer: 250 000 Euro.
Bereits jetzt dysfunktional
Das ausgelagerte Verfahren ist eigentlich nur für gesunde erwachsene Männer vorgesehen. Die linksgerichtete Tageszeitung Il Manifesto berichtete jedoch bereits am nächsten Tag, dass zwei minderjährige Bengalen und zwei schutzbedürftige ägyptische Männer am selben Tag mit demselben Schiff nach Italien zurückgebracht wurden. Unbestätigten Gerüchten zufolge war ein dritter Minderjähriger dabei.
Am 18. Oktober wurde die Inhaftierung der 12 in Albanien verbliebenen Asylsuchenden vom zuständigen italienischen Gericht für unzulässig erklärt, sodass sie wieder nach Italien zurückgebracht werden mussten. Eine klare Niederlage für die Regierung Meloni. Nichtsdestotrotz erklärte Innenminister Matteo Piantedosi, dass das albanische Projekt «ein europäisches Gesetz» werden würde.
Europäische Fremdenfeinde in Aufruhr
Wie auch immer, der Schaden ist angerichtet, das Meloni-Projekt reicht über die Operation in Albanien hinaus und hat bereits Nacheiferer gefunden. Auf dem EU-Gipfel in Brüssel, der zur gleichen Zeit wie das italienisch-albanische Rechtsdrama stattfand, wurden weitere Auslagerungsprojekte bekannt. Diese kamen aus den Niederlanden und aus Dänemark, dessen sozialdemokratische Regierung als erste die Idee vorbrachte, das Asylverfahren an weniger reiche Länder auszulagern. Die Schweiz ist ebenfalls nicht untätig: Beat Jans erklärte kürzlich, er sei nicht mehr grundsätzlich gegen die Externalisierung.
Die Rechtfertigung für diesen massiven Abbau von Rechten ist immer dieselbe: «Der irregulären Migration ein Ende setzen». Es ist zum Verrücktwerden, wie dumm und bösartig das ist. Die Migration ist irregulär, weil die EU-Mitgliedstaaten Jahr für Jahr die legalen Möglichkeiten für Nicht-EU-Staatsangehörige eingeschränkt haben, auf den alten Kontinent zu kommen.
The European dream ends here
Die Zivilgesellschaft hingegen ist ihrer Verantwortung gerecht geworden. Im albanischen Hafen standen zur Begrüssung des Kriegsschiffs Aktivist:innen mit einem Transparent: «The European dream ends here». Sidorela Vatnikaj erklärte, dass hier der Traum der albanischen Jugend von einem demokratischen Europa gebrochen wurde. Vatnikaj ist zweifellos die Person, die in dieser Geschichte die vernünftigste Rede gehalten hat. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass die von Meloni mit Füssen getretene Genfer Flüchtlingskonvention ein Fundament unserer Demokratien ist und dass sie geschaffen wurde, um die Schrecken der Weltkriege, die auf dem europäischen Kontinent begannen, nicht zu wiederholen.
Dieser Artikel erschien zuerst im Sosf-Bulletin Nr. 4/2024.