"Ich war eine queere Geflüchtete, und beide Nachteile kamen bei mir zusammen"

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Photo: Eric Roset

Die Schwierigkeiten einer queeren Person im Schweizer Asylverfahren
Für mich hat das Asylverfahren in dem Moment begonnen, in dem ich mich entschlossen habe, aus meinem Herkunftsland zu fliehen. Das heisst ab dem Tag, an dem der letzte Tropfen Hoffnung, dass ich dort frei und sicher leben könnte, versiegt war. Es war schwer zu verstehen, dass ich mein Leben, das zwar prekär war, weil es nicht den gesellschaftlichen und moralischen Normen entsprach, zerstören und an seiner Stelle ein neues Leben aufbauen musste. Denn als queere Person in einem repressiven/moralisierenden, cis-heteronormativen Umfeld hatte ich Jahre gebraucht, um all die Tricks zu finden, die mir das Überleben ermöglichten, Freunde, bei denen ich mich unterstützt fühlte, und meine eigenen sicheren Räume, in denen ich neue Kraft finden konnte. Auf diese Weise konnte ich der Gewalt des Staates und der Gesellschaft ein wenig entrinnen. Als ich mich zur Flucht gezwungen sah, wusste ich, dass ich all das verlieren und wieder Jahre damit verbringen würde, mir ein neues Leben einzurichten. Schon in dem Moment, als ich anfing, über die Idee der Einwanderung anderswo nachzudenken, erhielten mein Queersein und die damit verbundenen Schwierigkeiten eine neue Dimension. Diese Schwierigkeiten sind auch heute noch, nach vielen Jahren, in meinem Leben präsent. Jeder Moment im Leben eines queeren Flüchtlings ist intensiv und endet nie. Neben diesen inneren Mühen gab es auch viele Momente, in denen ich von aussen daran erinnert wurde, dass ich eine queere Geflüchtete bin, obschon ich doch all das hinter mir lassen und wie jeder andere leben wollte, einfach nur, um ich selbst zu sein.

 

Als alleinstehende Queer ohne einen Cis-Mann, der sich auf den illegalisierten Migrationsrouten um mich „kümmert", musste ich mich besonders anstrengen und doppelt um mein Überleben bangen. In einem Moment der Krise waren wir queeren Personen diejenigen, die leichter geopfert werden konnten, weil wir als weniger wertvoll galten, und in einem Moment des Angriffs waren wir diejenigen, die ins Visier genommen wurden, weil wir als schwächer angesehen wurden. Obwohl sie nicht direkt wussten, dass ich queer war, meinten verschiedene Gruppierungen, die das Sagen hatten (Banden, Soldaten, Männer) doch, dass ich unmoralisch war, weil ich nicht ihren Codes, Verhaltensmustern und Erwartungen entsprach. Aus diesem Grund war es nicht schwer zu erraten, dass sie dachten, dass ich als unmoralische Person keine Familie habe, die hinter mir steht, dass mich niemand aufspüren würde, wenn mir etwas zustösst, und dass alles, was mir in diesen unkontrollierten Gebieten angetan werden könnte, wie nie geschehen sein würde. Ich musste mein Regenbogentuch, das ich mitgenommen hatte, um es in meinem neuen Leben frei tragen zu können, an den geheimsten Stellen meines Rucksacks verbergen. Denn ich wusste, wie nah wir dem Tod auf den Migrationsrouten bereits waren, und ich hatte Angst, dass der Regenbogen mich noch näher an ihn heranbringen würde.

 

Ich war in einem Flüchtlingslager in der Schweiz, als ich endlich stolz meinen Regenbogenschal um den Hals trug. Das erregte die Aufmerksamkeit der Leute um mich herum, obwohl ich dem gar keine besondere Bedeutung beimessen wollte. Doch schon bald wurden es immer mehr Männer, die mich umzingelten, in meinen persönlichen Raum eindrangen, mich belästigten und bedrängten. Als ich mich an die Lagerverwaltung wandte und sagte, dass ich mich nicht sicher fühlte und um Hilfe bat, sagte man mir, dass es besser wäre, wenn ich das Regenbogentuch und die freizügige Kleidung nicht tragen würde. So endete mein erster nicht obligatorischer Dialog mit dem Staat. Schon in meinem ersten Monat im Lager wurde mir klar, was mich in der Schweiz erwartete. Ich würde nicht einmal in den Genuss des unzureichenden Schutzes kommen, den der Staat einem cis-männlichen Flüchtling oder einem weissen queeren Schweizer bietet. Ich war eine queere Geflüchtete, und beide Nachteile kamen bei mir zusammen.

 

Queerness war ein Phänomen, das alle Blicke auf mich zog, wenn ich einfach im Hintergrund leben wollte, und im Umkehrschluss dazu führte, dass ich ignoriert wurde, wenn ich gesehen werden wollte. Deshalb liess die Gesellschaft mich diese beiden Gegensätze ständig erleben. Während der ersten Asylanhörung wurde mir klar, dass der Beamte sich fast wie ein Buchhalter verhielt. Der Hauptgrund, der mich zur Migration veranlasste, war die moralische Unterdrückung, die ich in meinem Herkunftsland erlebt hatte. Aber die Person vor mir war nur an Zahlen und rechtlichen Fakten interessiert: Wie oft wurden Sie festgenommen, wie viele Tage waren Sie im Gefängnis, wie oft haben Sie geklagt, zu wie vielen Jahren wurden Sie verurteilt? Die Rolle des Queerseins bei all den Problemen, die ich erlebt hatte, wurde ignoriert. Wenn ich keine Gefängnisstrafe vorweisen könnte, würden all die Qualen, die ich durchgemacht habe, als nichtig betrachtet werden. Auch wenn wir aus Ländern kommen, in denen schon die Tatsache, queer zu sein, unser Leben in Gefahr bringt, haben die Rechtsverletzungen, die wir erleben, keine Bedeutung, wenn wir keine Zahlen/Papiere haben, die wir dem SEM vorlegen können. 

 

Die Arbeit von QueerAmnesty

Meine Suche nach einem Leben, das meine Rechte und meine Würde achtet, führte mich in das Flüchtlingslager, aber ich merkte schnell, dass ich nicht so leicht Zugang zur restlichen Schweiz bekommen würde, wie ich es mir vorgestellt hatte. Um mich sicher zu fühlen, meine Rechte zu erhalten und meine soziale Existenz wiederzuerlangen, brauchte ich mehr als das, was mir die Schweizer Einwanderungspolitik bot. Ich entdeckte die Broschüre "You are not alone" von Queeramnesty, als ich mich als queere Person, die allein in einem Flüchtlingslager lebte, als Flüchtling, der gerade von aussen ins Land gekommen war, ständig unwohl fühlte. Ich habe sie kontaktiert, weil ich mich sehr nach einem Ort sehnte, an dem ich keine Fremde bin, und es war die richtige Entscheidung, gut für mich und für andere Menschen. Wenn ich eine Definition geben müsste, ist Queer Amnesty eine Arbeitsgruppe des Schweizer Zweigs von Amnesty, die sich auf Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung konzentriert und sich daher der Existenz, der Probleme und der Bedürfnisse von queeren Flüchtlingen bewusst ist. Während die Gruppe versucht, queere Flüchtlinge individuell zu unterstützen, will sie auch politische Strategien entwickeln und die Öffentlichkeit in diesem Bereich sensibilisieren. Neben dieser Definition war Queeramnesty für mich der erste Ort, an dem ich mich als queerer Flüchtling nach den Schwierigkeiten, die mit den gefährlichen Migrationsrouten und der Schweizer Einwanderungspolitik verbunden waren, sicher und wohl fühlen konnte. Heute, als Aktivistin, ermöglicht mir Queeramnesty, queeren Flüchtlingen, die ähnliche Erfahrungen machen wie ich vor nicht allzu langer Zeit, die Hand zu reichen und ihnen das Gefühl zu geben, dass sie nicht allein sind.

 

Die Zeit der Angst und Ungewissheit nach meiner Ankunft im Land bis zur Annahme meines Asylantrags war eine der schwierigsten Erfahrungen meiner Immigration. Es war ein echter Krieg - kein Computerspiel -, in dem ich gegen diejenigen kämpfte, die mich zurückschicken wollten; wenn ich gewann, hatte ich eine Chance zu überleben, wenn ich verlor, würde mein Leben zerstört werden. Es war offensichtlich, dass der Staat in dieser Phase nicht sehr gastfreundlich und solidarisch war, wie die Lager, in die sie uns steckten, und das Essen, das sie uns gaben, zeigten. Als ich kurz davor war, meinen Wert als Individuum zu vergessen, als meine Subjektivität drohte, zum Objekt zu werden, waren es die Aktivist*innen, die mir die Hand hielten. Viele Menschen aus der Migrant*innenemeinschaft, der Queer Community und Antirepressionsgruppen berührten mein Leben und spielten eine wichtige Rolle dabei, dass ich mich auch heute noch besser fühle. Nachdem ich den Stress und das Trauma, das ich damals erlitten habe, besser verstanden und benannt habe, hat mich meine Empathie für mich selbst mobilisiert, andere queere Flüchtlinge zu unterstützen. Ich denke auch, dass die Hilfe, die ich erhalten habe, nun anderen zugutekommen sollte, und dass dieser Kreislauf fortgesetzt gehört, denn wenn es nur den Behörden obliegt, auf unsere Bedürfnisse einzugehen, sind die Folgen verheerend. Die Einsicht, dass wir uns gegenseitig mit unseren ureigenen Kräften in der Gemeinschaft unterstützen müssen, hat mich dazu gebracht, Aktivistin zu werden. 

 

Schwierigkeiten des Aktivismus

Als Flüchtling hängen die Hindernisse auf dem Weg zum Aktivismus davon ab, ob wir Aktivismus zum Thema Migration oder zu anderen Themen betreiben wollen. Bevor wir auf die Unterschiede zwischen diesen beiden Richtungen eingehen, muss man sagen, dass die Entscheidung, sich als Flüchtling aktivistisch zu betätigen, an sich schon eine enorme Anstrengung ist, um gegen den Strom zu schwimmen. Es ist in der Tat sehr schwierig, die in den Herkunftsländern, auf den Migrationsrouten und in den Flüchtlingslagern erlittenen Traumata zu überwinden und eine sinnvolle Verbindung zum Leben wiederherzustellen, wenn man bedenkt, wie wenig Unterstützung man erhält. Diejenigen, denen dies gelingt, unternehmen grosse Anstrengungen und sind erst dann psychologisch bereit, zu Aktivist*innen zu werden. Nicht nur die Traumata der Vergangenheit, sondern auch die Schweizer Migrationspolitik will das soziale Leben von Flüchtlingen in die entgegengesetzte Richtung einer Aktivistin oder eines Aktivisten formen. Sie wollen, dass wir einfach Arbeiter*innen sind, die sich nur in einer Minimalsprache ausdrücken können, die nicht am politischen Leben teilnehmen sollen und die ihr Leben mit Vollzeitarbeit in schlecht bezahlten Jobs verbringen. Die häufig vom Staat verfolgte Politik der Ausschaffung ist eines der grössten Hindernisse im Kampf um Rechte. Angesichts der Tatsache, dass sie aus völlig willkürlichen Gründen in andere Länder abgeschoben werden können, selbst wenn sie keine kritische Perspektive haben, führt bei Asylsuchenden zu Bedenken darüber, wie sie behandelt werden, wenn sie zu Aktivist*innen werden. Das Schwert der Abschiebung, das über unseren Köpfen hängt, prägt unser Potenzial, Aktivist*in zu werden, ebenso wie alle unsere Entscheidungen.

 

Da wir einem ernsthaften Risiko ausgesetzt sind, abgeschoben zu werden, brauchen wir für unser Wissen über unsere Rechte und die Grenzen dieser Rechte unbedingt eine professionelle Rechtsberatung. Selbst wenn wir über unsere Sympathisant*innen Zugang zu dieser äusserst kostspieligen Rechtsberatung erhalten, verhindert die Praxis in der Schweiz, die von Kanton zu Kanton und sogar von Person zu Person variiert, dass Flüchtlinge die Risiken verstehen, denen sie ausgesetzt sind. Die unklare Rechtspraxis zwingt Flüchtlinge dazu, zaghafte Entscheidungen zu treffen und sich daher von der politischen Partizipation fernzuhalten. Für Flüchtlinge, die sich dennoch dafür entscheiden, Aktivist*innen zu werden, beginnt die Herausforderung, die neue Umgebung und alle Phänomene kennen zu lernen. Sie müssen die Bedeutung von Begriffen wie Organisation, Sicherheit, Gewalt, Solidarität usw. in dem neuen Land erst entdecken. Ein Beispiel: Für eine Person aus einem Land, in dem das Verdecken des Gesichts bei einer Demonstration als krimineller Akt gilt und die Polizei solche Demonstrationen angreift, kann die Anwesenheit von Vermummten bei der Demonstration ein Sicherheitsproblem darstellen, während es für eine Person, die in der Schweiz lebt, im Gegensatz dazu beruhigend sein kann, eine öffentliche Erklärung mit verhülltem Gesicht abzugeben. Ein weiteres Beispiel: Während die Beteiligung an einer Organisation oder einem sozialen Kampf im Herkunftsland eines Flüchtlings in der dortigen Gesellschaft nicht gut aufgenommen wird, kann die gleiche Situation in der Schweiz zu Respekt in der Gesellschaft führen. Sich im Aktivismus zu engagieren, erfordert deshalb auch, die Welt und die Kultur des Aktivismus im Kontext des neuen Landes zu verstehen. Dieses Wissen ist jedoch nicht leicht zu erlangen und nur durch eine aufrichtige, organische und sichere Verbindung mit Menschen möglich, die sich schon seit langem mit Aktivismus in dieser Region beschäftigen. An dieser Stelle muss betont werden, wie sehr die Flüchtlinge und die Schweizer Gesellschaft voneinander abgekoppelt sind, und dass eine Verbindung dieser Qualität nur äusserst schwer hergestellt werden kann. 

 

Die Realität sieht so aus, dass Flüchtlinge sich gezwungen sehen, sich nur im Bereich der Migration aktivistisch zu betätigen, und dass ihr Zugang zu anderen Bereichen aus direkten und indirekten Gründen eingeschränkt ist. Einer der wichtigsten Gründe ist, dass die staatliche Politik der Isolation von Flüchtlingen in der Gesellschaft und sogar unter Aktivisten erfolgreich ist. Diese Isolation setzt sich fort, da sich Flüchtlinge ausserhalb ihrer eigenen Gemeinschaft unwohl fühlen und introvertierter werden, und andere Aktivistenkreise dieser Abschottung keine Aufmerksamkeit schenken und keine Massnahmen ergreifen, um sie zu überwinden. Obwohl die Betonung der Notwendigkeit, Flüchtlinge in Veranstaltungen, Demonstrationen, Organisationen und Vorgaben einzubeziehen, als Versuch gesehen wird, diese Lücke zu kompensieren, wird dadurch nur eine sehr künstliche Beziehung zu den Flüchtlingen aufgebaut. Die Rede eines Flüchtlings bei einer Veranstaltung, seine Präsenz im Vorstand eines Vereins oder sein Text in einer Zeitschrift erfüllen zwar das Bedürfnis nach Repräsentation von Flüchtlingen in ihrem Umfeld und bringen Erleichterung, aber eine organische und persönliche Verbindung wird nicht hergestellt. Denn wenn das tägliche Leben der Gesellschaft nicht mit den Flüchtlingen interagiert, wenn es keine Flüchtlinge auf ihren Geburtstagspartys gibt, in ihren Whatsapp-Gruppen enger Freund*innen, unter ihren Mitbewohnenden, unter ihren Nachbarn, mit denen sie einen Kaffee trinken gehen,  dann führen die Versuche, Flüchtlinge in die Welt des Aktivismus einzubeziehen, nur zu symbolischen und erfolglosen Zeremonien. Folglich sehen wir Flüchtlinge nur beim Thema Migration aktiv werden, nicht im Kampf gegen Atomkraftwerke, nicht in studentischen Bewegungen und nicht in Kampagnen für Pressefreiheit. Auch meine eigene Erfahrung bestätigt dies: Ökologie, Feminismus, Tierbefreiung und die Welt der Universität waren die Bereiche, in denen ich in meinem Heimatland aktiv war, aber seit ich in die Schweiz geflohen bin, konnte ich nur mit migrationsbezogenen Bewegungen direkt in Kontakt treten. Das gibt mir das Gefühl, dass unser Wissen und unsere Erfahrungen verloren gegangen sind, und wir nur als Flüchtlinge etikettiert werden.

 

Diese Situation ist nicht nur das Ergebnis abstrakter staatlicher Politik, sondern auch der Fluss unseres täglichen Lebens, dem zu folgen wir gedrängt werden. Beispielsweise hängen die Plakate für eine Umweltveranstaltung nicht an Orten, an denen Flüchtlinge Zeit verbringen, es gibt keine Flüchtlinge unter den Freund*innen der Organisator*innen, die zu der Veranstaltung eingeladen werden, die Zielgruppen der Aufrufe zu der Veranstaltung in den Netzwerken der sozialen Medien sind keine Flüchtlinge. Folglich ist es für Flüchtlinge nicht einfach, im normalen Leben von solchen Veranstaltungen zu erfahren. Wenn Flüchtlinge es dennoch schaffen, zu einer solchen Veranstaltung zu gehen, ist es für sie aufgrund der Sprachbarriere nicht einfach, den Kontext vollständig zu verstehen und aufgrund der unterschiedlichen sozialen Codes eine dauerhafte Beziehung zu der Gruppe von Aktivist*innen aufzubauen. In dieser Hinsicht ist die Politik einiger Aktivistengruppen zu sehen, die nicht daran interessiert sind, sich der Aussenwelt zu öffnen und ihre Zahl zu erhöhen, und die, obwohl sie zu einem bestimmten Zeitpunkt ideologische Unterstützer von Flüchtlingen waren, ihre politische Existenz aufrechterhalten, ohne mit irgendeinem Flüchtling in Kontakt zu treten. Aus den hier genannten Gründen scheint es für Flüchtlinge fast unmöglich zu sein, sich anderen aktivistischen Gruppen anzuschliessen, ohne das tatsächliche Interesse und die Absicht dieser Gemeinschaften. Andererseits fällt selbst bei den bestmeinenden Gruppen, die sich stark auf die Flüchtlingspolitik konzentriert nd erfolgreich Flüchtlinge integriert haben, auf, dass eine gleichberechtigte Beziehung zu Flüchtlingen nicht in umgekehrter Richtung aufgebaut wird. So wird etwa eine Figur des Flüchtlings geschaffen, dem man immer helfen will, dessen Fehler in der Gruppendynamik eher toleriert werden, der aufgrund seiner Erfahrungen im Herkunftsland heroisiert wird, der auch bei problematischem Verhalten nicht kritisiert wird, dem ständig gesagt wird, wie stark er/sie ist, weil er/sie die Gewalt, der er/sie ausgesetzt war, überlebt hat. Dies erscheint als eine versteckte Erklärung der Ungleichheit zwischen Flüchtlingen und anderen innerhalb der Aktivistengruppen. Wir wollen eine Erfahrung des Aktivismus, in der wir nicht unberührbar oder unfähig, sondern nur gleichberechtigt sind.

 

Aus den oben ausführlich beschriebenen Gründen sind Flüchtlinge, die ihre Gemeinschaft nicht verlassen können, gezwungen, ihren Aktionsradius auf den Migrationsaktivismus zu beschränken. Diese Isolation schränkt nicht nur die Individuen ein, sondern injiziert auch bestimmte charakteristische Merkmale in die Gemeinschaft. In diesem Zusammenhang können nicht-inklusive Tendenzen entstehen, wie in allen unterdrückten Gemeinschaften, die sich aneinander und an ihren gemeinsamen Werten festhalten müssen und nicht mit dem intersektionalen Kampf in Berührung kommen können. Dann ist es für andere unterdrückte Gruppen, insbesondere für Queers, schwierig, einbezogen zu werden, ihre Bedürfnisse berücksichtigt zu sehen und sich im Rahmen des Migrationsaktivismus wohl zu fühlen. Mit anderen Worten könnte man sagen, dass queere Flüchtlinge die Kosten für die Unfähigkeit der Queer-Bewegung tragen, ausreichende Verbindungen mit der Flüchtlingsgemeinschaft herzustellen. Glücklicherweise gibt es intersektionale Räume wie Queeramnesty oder Asile LGBTI+, die sich bemühen, unsere Bedürfnisse zu erfüllen, aber diese Räume sollten nicht das obligatorische Ziel für queere Flüchtlinge sein. Für eine queere Person sollten die Flüchtlingsgemeinschaft, die Queer-Community und diese intersektionalen Räume gleichermassen zugänglich, sicher und komfortabel sein; wir sollten in der Lage sein zu wählen, welche dieser drei verschiedenen Arten von Aktivismus wir praktizieren wollen, und zwar auf der Grundlage unserer eigenen Interessen und nicht auf der Grundlage einer aufgezwungenen Wahl. Auch wenn dies in der Praxis noch nicht vollständig verwirklicht ist, freue ich mich, dass sich die Dinge ändern und ich daran teilhabe.  

 

Aska