Am sparsamsten wäre die Asylpolitik, wenn sie Geflüchtete nicht länger schikanieren würde

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Die SVP behauptet von sich ja gerne, für tiefe Steuern und einen schlanken Staat einzustehen. Die aktuellen im Nationalrat hängigen Motionen der SVP zur Asylpolitik zeigen aber, dass die Partei sich nicht scheut, auf Kosten des Steuerzahlers den Staatsapparat aufzublähen, wenn es darum geht, Flüchtlinge noch weiter zu schikanieren – ohne dass sie dies in irgendeiner Form dem selbstgesetzten Ziel, die Migration zu reduzieren, näherbringt.

 

Die kleine Kammer, einst als «chambre de réflexion» bekannt, hat bereits zwei Scheinlösungen angenommen, die nun in der aktuellen Session im Nationalrat debattiert werden.[1] Motion 24.4495 verlangt, die Bewegungsfreiheit straffällig gewordener Personen im Asylbereich einzuschränken, obwohl solche Möglichkeiten längst in StGB, AsylG und AIG vorgesehen sind. Motion 24.4429 will straffällige Personen vom Asylverfahren ausschliessen, was ebenfalls schon gesetzlich geregelt ist. Beide Vorstösse sind nichts weiter als Papiertiger, die Parlamentsdienste und Bundesbehörden beschäftigen, um Antworten auf längst geklärte Fragen zu verfassen. Und wenn sie angenommen werden, muss das SEM sie umsetzen – auch wenn sie keine Wirkung entfalten, ausser der Schikane geflüchteter Menschen.

 

Die SVP missbraucht somit den demokratischen Staat, den sie angeblich verschlanken will, um geflüchtete Menschen diskursiv als Gefahr zu konstruieren.[2]

 

Die Motion 24.4588, bei der der Nationalrat erstberatender Rat ist, übertrifft nun die bisherigen Bemühungen, den Staatsapparat aufzublähen. Nationalrat Schmid will den Asylstatus auf zwei Jahre befristen und das SEM zu regelmässigen Überprüfungen verpflichten. Der Jurist vergisst dabei, dass Asyl schon heute auf ein Jahr befristet ist, aber grundsätzlich verlängert wird, wenn die Gründe für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft weiterhin bestehen. Die Flüchtlingseigenschaft kann widerrufen werden, allerdings nur, wenn sich die Verhältnisse im Herkunftsland tiefgreifend und nachhaltig verändert haben und kein Schutzbedarf mehr besteht – was äusserst selten der Fall ist. Eine systematische Überprüfung aller Asylentscheide wäre somit mit einem enormen finanziellen und personellen Aufwand verbunden, für eine insignifikante Anzahl von Widerrufen. Und selbst wenn das Asyl widerrufen wird, führt das nicht automatisch zum Verlust der Flüchtlingseigenschaft, da die Genfer Flüchtlingskonvention hier enge Grenzen setzt. Jede Wegweisung steht zudem unter dem Vorbehalt des Non-Refoulement (Art. 25 Abs. 2 und 3 BV, Art. 32 Abs. 2 FK; Art. 3 EMRK).

 

Zur Erinnerung: Schon die Überprüfung der vorläufigen Aufnahmen tausender Eritreerinnen und Eritreer war ein Fiasko. Politisch erzwungen, extrem aufwendig und am Ende ein dürftiges Resultat: 3'000 Fälle wurden geprüft, davon bei 83 Fällen Aufhebungen ausgesprochen. Dieser ineffiziente Rohrkrepierer, der Unsummen verschlang, ist offensichtlich eine Erfahrung, die die SVP wiederholen möchte.

 

Quasi «en passant» will die Motion auch die Kompetenz zur Erteilung von Bewilligungen von den Kantonen komplett zum Bund verschieben. Das zeugt nicht nur von einem erstaunlichen Unverständnis der föderalistischen Ordnung, sondern, in Kombination mit der Bürokratisierung der Asylpolitik, zeigt es auch einen überraschenden Drang der SVP, die Bundesbehörden zu stärken.

 

Der Nationalrat, der sich in letzter Zeit so gerne mit Sparappellen profilierte, sollte im Asylbereich anfangen: Je weniger sinnlose Schikanen gegen Flüchtlinge, desto weniger Bürokratie aber auch geringere Gesundheitskosten, denn administrative, rechtliche und polizeiliche Schikanen belasten die psychische Gesundheit der Betroffenen massiv. Das wäre echte budgetfreundliche Asylpolitik.

 

[1] Siehe dazu auch https://www.sosf.ch/de/article/rueckkehr-eines-klassikers-der-kriminelle-asylbewerber

 

[2] Siehe dazu auch https://asile.ch/2024/07/02/quand-linacceptable-devient-legal/.